Samstag, 17. Januar 2009

CPL Türkei: Tagebuch affentod Teil 3

Dieser Artikel erschien ursprünglich am 24.03.2005 auf rushed.de.

Es ist nahezu unglaublich, wie schnell man sich in einer fremden Stadt einleben kann. Ich bin zwar weit davon entfernt, Istanbul als meine Westentasche zu bezeichnen, aber ein gewisses Gefühl von Vertrautheit hat sich bereits eingestellt. Und dabei steht die Kulturtour erst noch bevor. Heute geht es mit einem Großteil der anwesenden Spieler zur Stadtrundfahrt, ganz wie zu Schulzeiten. Zumindest die deutschen Spieler scheinen kein anderes Thema mehr zu kennen, was aber auch daran liegen könnte, das sie schlichtweg nichts besseres zu tun haben vor dem Turnierstart am Freitag. Der einzige wirklich gut ausgestattete Spieler scheint Fatal1ty zu sein, dessen Hotelzimmer mehr und mehr zu Pilgerstätte wird. Ansonsten bauen alle darauf, dass es ab Freitag in der Event Location Trainingsmöglichkeiten gibt, andernfalls gibt es wohl einen Aufstand.

Die Spieler scheinen das Hotelgelände noch nicht verlassen zu haben, wenn man von den paar Leuten absieht, die die nebenan gelegene Tankstelle frequentieren. Ein wenig weiter wird durch einen Burger King die fettreiche Ernährung der Zocker sichergestellt. Die Frage, was wohl hinter diesem Burger King noch alles liegen mag (vielleicht das Meer?), animierte mich dazu, den Abend des ersten Tages mit einem Spaziergang zu beginnen. Die Haupterkenntnis aus meinem über 4-stündigen Gewaltmarsch muss lauten: "Verlasse niemals dein Hotel ohne Stadtplan."

Wenn das Hotel nicht wirklich direkt am Flughafengelände liegen würde, hätte ich wohl nie zurückgefunden. Wie man sich auf einer geradeaus führenden Schnellstraße verlaufen kann, ist mir immer noch ein Rätsel. Zu meiner Entschuldigung kann ich jedoch anführen, dass es wirklich dunkel war! Das heißt jetzt nicht, dass die Straßen mangelhaft beleuchtet waren, ganz das Gegenteil war der Fall. Das Viertel, das ich durchqueren musste um nirgendwo hinzugelangen, hätte ein gehobener Stadtteil in einer beliebigen deutschen Großstadt sein können, und das nicht nur wegen der deutschen Autos. Die Unterschiede liegen im Detail und man muss schon sehr genau hinsehen, um sie zu erkennen.

Dass Istanbul, zumindest auf der Westseite, auf Hügeln erbaut wurde, liegt wohl außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Stadtverwaltung. Nicht so ganz klar ist allerdings, warum man die Übergänge zwischen höher und tiefer gelegenen Häusern nicht etwas harmonischer gestaltet hat. Bei der Höhe der Bordsteine müsste wohl selbst ein Pferd Anlauf nehmen, um schadlos von einer Straßenseite auf die andere zu gelangen. Auch auf den Wegen selbst gibt es ein ständiges Auf und Ab. Zwischendrin gibt es immer wieder vollkommen unbefestigte Abschnitte, meist vor total zugemüllten, vermoderten und heruntergekommenen Bauruinen, die sich hier selbst neben hochmodernen Bürogebäuden immer wieder finden.

Die Straßen im alles andere als zentral gelegenen Stadtteil sind belebt und von Geschäften gesäumt, die teilweise bis in die Nacht hinein geöffnet sind. Abgesehen vom Dauerlärm des Flughafens (direkt in der Einflugschneise) lässt es sich hier sicher sehr angenehm leben. Die Stadt wirkt schon fast betont europäisch. So gut wie überall kann man bereits mit Euros bezahlen, die Fahrzeuge haben Euro Kennzeichen. Einzig die streunenden Straßenköter erinnern einen daran, dass man sich in einer südeuropäischen Metropole befindet, wenn schon die Temperaturen alles anders als ein klares Indiz sind. Diese Nacht bewegte sich das Thermometer mit um die 1°C knapp über dem Gefrierpunkt.

Offenbar sind die Istanbuler sehr auf Sicherheit bedacht. Nicht nur, dass beständig Polizeistreifen selbst durch abgelegene und menschenleere Straßen patroullieren, auch zu Fuß sind sehr viele (einzelne) Polizisten unterwegs, deren Uniform an amerikanische Polizeiserien erinnert. Darüberhinaus gibt es vergleichsweise viele Wachhunde an Bürogebäuden und an fast jedem Parkplatz einen Nachtwächter.

Business as usual gibt es dagegen im Hotel. Der zahlende Kunde will ausgenommen werden, und darf für eine Packung Kippen, eine Zahnbürste und Zahnpasta schonmal 19€ auf den Tisch legen. Entschädigt wird man dafür durch den Anblick, der sich einem des Abends bietet, wenn man die Hotellobby betritt. Die Briten von den 4Kings haben es sich zusammen mit Vo0 und gellehsak rund um eine türkische Wasserpfeiffe gemütlich gemacht. Die Shisha riecht nach Apfel, die Jungs sehen entspannt aus. Unterdessen kristallisiert sich mehr und mehr heraus, welche Spieler am Freitag tatsächlich um den Sieg beim ersten Stop der mit 1.000.000$ dotierten CPL World Tour spielen werden. Die erste größere Absage kommt aus Schweden, die beiden SK Spieler proZac und fazz scheinen sich noch nicht bereit zu fühlen und werden erst später ins Geschehen eingreifen. Angesichts des hochkarätigen Lineups dieses Turniers sicher keine dumme Idee.

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