Samstag, 17. Januar 2009

CPL Türkei: Tagebuch affentod Teil 6

Dieser Artikel erschien ursprünglich am 28.03.2005 auf rushed.de.

Im Gegensatz zum Freitag verlief der Samstag überwiegend zwischenfallfrei. Als ich gut eine Stunde später als die Spieler im Mydonose Showland ankam, waren die ersten Begegnungen schon im vollen Gange. Fast alle der 18 PCs für das Painkiller-Turnier waren besetzt, die ersten Spiele des Winner's Bracket hatten schon einen Sieger. Bis auf sieben Spieler waren am frühen Sonnabend noch alle der 39 Angereisten im Turnierbaum vertreten, eher ungewöhnlich für ein solches Wochenende. Auch wenn der ein oder andere den Tag durchweg pessimistisch anging, dürfte sich wohl jeder die Hoffnung gemacht haben, den ersten World Tour Stop nicht mit zwei Niederlagen in Folge unrühmlich zu beenden. Nach außen hin ließ sich das aber keiner anmerken, bei den Deutschen wurde es schon zum Running Gag darauf zu verweisen, dass der geneigte Zuschauer doch bitte das Turnier in Spanien abwarten solle, bei dem sie dann endlich den Trainingsstand erreicht haben wollen, der dem Preisgeld angemessen ist. Das galt insbesondere für die Spieler, für die es das erste Painkiller-Turnier war, wie DrDoom oder Burnie.

Natürlich gab es für die Admins mal wieder reichlich Gelegenheit ihr Unvermögen zu demonstrieren. Zwar lief urplötzlich der Internetzugang, und das sogar in ziemlich akzeptabler Geschwindigkeit, aber die Organisation der Spiele war genauso chaotisch wie am Freitag. Die technischen Schwierigkeiten waren jedenfalls ausgeräumt und im Laufe des Samstags kam es nicht mehr zu den Unmengen an Computer- und Servercrashs, die die Ergebnisse des Februar-Turniers schwer beeinflussten. Bereits früh konnte man dagegen die Rückkehr der Falschmeldungen beobachten, die schon bei der Winter CPL in Dallas für Verwirrung sorgten. Das lag daran, dass die Admins nun von den Brackets, die tempus erstellt hatte, abwichen und fortan mit einem ausgeklügelten System aus Papier und Bleistift arbeiteten. Da bis auf den Headadmin fast alle Zuständigen nur gebrochenes Englisch beherrschten, gestaltete sich die Ergebnisweitergabe als schwierig. So waren sie überzeugt davon, dass canna nach der ersten Runde im Loser's Bracket ausgeschieden sei, was zwar den niederländischen Gegner freute, aber sonst eher für Belustigung sorgte, denn schließlich hatte canna nach seinem frühen Ausscheiden im Winner's Bracket und bei der CPL Winter endlich mal wieder ein offizielles Match gewinnen können. Auch er selbst nahm es mit Humor.

Bitter war auch, dass die Veranstalter es nicht für nötig befanden, eine offizielle Ergebnisseite im Internet anzubieten, wie man es von den CPLs in den USA und so ziemlich jedem anderen e-Sport Turnier weltweit gewohnt ist. Die Jungs von TSN, sowie 4K|AphexTwin, x6.tempus und meine Wenigkeit waren die einzigen, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten um eine Information der Öffentlichkeit bemüht waren. Hier hinkt die World Tour ihren großen Vorbildern aus dem Sport noch weit hinterher, man stelle sich eine Olympiade vor, bei der die Sprinter oder Schwimmer immer eine Stoppuhr bei sich tragen und nach dem Rennen ihre Zeiten per Telefon in die Heimat schicken müssen. Da aber der Headadmin des nächsten Stops in Spanien am letzten Aprilwochenende auch in Istanbul anwesend war und die Probleme aus erster Hand mitbekommen hat, dürfte das wohl nicht mehr vorkommen. Der Programmierer des einzigen Painkillerbots und Turnierteilnehmer PiTaGoRaS wird sicher darauf pochen, seinen Bot umfangreich einzusetzen, so dass man mit Besserung rechnen kann, zumindest für Barcelona.

Je länger das Turnier andauerte, desto mehr konnten die Vertreter der konventionellen Presse dem Geschehen folgen. Die Schreiberlinge von Stuff Magazine und dem Guardian hatten schon deutlich sichtbar Lieblingsspieler, deren Turnierverlauf sie verfolgten. Auch mit dem für Außenstehende vollkommen verwirrenden Turniermodus der Double Elimination Brackets kamen sie zusehends besser zurecht, was aber auch daran lag, dass eigentlich jeder bemüht war, den beiden jungen Herren einen möglichst positiven Eindruck von der CPL World Tour zu verschaffen und ihnen auch ungefragt beständig alle möglichen Details erklärten. Wahrscheinlich waren sie froh, dass auch mal ein Außenstehender wirkliches Interesse an den Details zeigte und nicht wie Eltern oder Freunde nur an Stadt und Preisgeldern. Sie sagten zwar nicht ständig Roffel wie z.B. Burnie (Ist Crush ansteckend?), aber sie wurden mit fortschreitendem Turnierverlauf zusehends sicherer in ihrer Ausdrucksweise, wenn sie jemanden zum aktuellen Geschehen befragte.

Da Painkiller immer noch den ein oder anderen kleinen Bug hat, muss man sich teilweise unkoventionell behelfen. Den Shoutcastern von TSN machte zu schaffen, dass im Spectator Modus die Uhren anders ticken, die Zeitangabe also nicht wirklich zu gebrauchen ist. Gerade in einem Spiel wie Painkiller, bei dem Sekunden über Sieg oder Niederlage entscheiden können, braucht man gerade zum Ende hin eine Zeitangabe, die exakt mit der fehlerfreien der Spieler übereinstimmt. Aus mir nicht ganz klaren Gründen benötigten die TSNler gegen Samstag Abend urplötzlich eine Stoppuhr, wie sie vorher die Matches gecastet haben, weiss ich nicht. Jedenfalls stellte ich ihnen für einige Stunden mein Handy zur Verfügung. Für viele undenkbar, aber für mich gilt nunmal leider: Kein Schwein ruft mich an.

Während die Spieler morgens nur mühsam ihre Anspannung überspielen konnten, wich bei den meisten schon kurz nach dem Ausscheiden jegliche Griesgrämigkeit, schließlich galt es nun, sich zwei Tage lang zu beschäftigen. Zwar nutzte man die Practice Area hier und da für Trainingsspiele mit Gegnern, von denen man normalerweise durch Ozeane getrennt ist, aber überwiegend war man mit dem Verfolgen der Turnierbegegnungen oder Gesprächen über Spiel und Spieler beschäftigt.

Beim Beobachten der Vorgänge im Turnierbereich fiel etwas auf, was man so gar nicht von CS-Turnieren kennt: Die Spieler versuchen sich im Match gegenseitig einzuschüchtern. Besonders reptile, zen und LeXeR machten davon Gebrauch und beschwerten sich lautstark über das Provozieren von Telefrags oder übermäßigen Einsatz der als Glückswaffe verschrienen Stakegun. Wirklich böse war aber niemand, am Ende gab es immer einen herzhaft freundlichen Handshake. Und so fanden sich die Gewinner und Verlierer am späten Samstag Abend schiedlich friedlich zur Rückfahrt ins Hotel vor dem Bus ein. Mit einem letzten, nicht von allen beachteten Hinweis wurden wir in die Nacht entlassen: Bereits um 1 Uhr morgens wird in der Türkei auf die Sommerzeit umgestellt, die chronisch übermüdeten Teilnehmer mussten also auf eine Stunde Schlaf verzichten, was vor allem ein paar der Amerikaner schwer überraschte. Wer das trotz auf allen Betten und Aufzügen angebrachter Hinweise darauf nicht mitgekriegt hat und ohne Frühstück in größter Eile zum Bus hetzen musste, erfahrt ihr beim nächsten und letzten Tagebucheintrag zur CPL Türkei.

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