Samstag, 17. Januar 2009

CPL Türkei: Tagebuch affentod Teil 1

Dieser Artikel erschien ursprünglich am 23.03.2005 auf rushed.de.

Soso, der erste Coverage-Einsatz auf eigene Faust. Im Ausland. In der Türkei. In der Weltmetropole Istanbul. Viele würden so eine Reise als Vergnügungstrip ansehen, aber dazu später mehr. Für mich bedeutet es Adrenalin und Arbeiten. Wenn ich auf einem Event bin, rücken alle anderen Gedanken in den Hintergrund, und seien sie vorher auch noch so zentral. Normalerweise baut sich die Anspannung vor einer Coverage über ein paar Wochen hinweg auf, nur um bei Erreichen des Zielortes nochmals schlagartig anzusteigen. Diesmal sah es allerdings anders aus, schließlich wurde die Vorbereitung der Reise nicht nur recht kurzfristig angegangen sondern auch von einigen anstrengenden CeBIT Tagen überschattet.

Sich erst am Morgen des Abflugs wirklich klar zu werden, was für eine Aufgabe man da übernommen hat, was von einem erwartet wird und was man selbst leisten muss im Zeitraum der nächsten Tage, scheint mir ein Anzeichen von Routine zu sein, so als ob man beruflich mal eben um die Welt düsen würde, um seinen Beruf auszuüben. Von einer Berufung ist der Job bei rushed.de aber noch weit entfernt; Spaß an der Arbeit steht im Vordergrund, denn schließlich wird man nicht entlohnt für die Mühen und Entbehrungen. Lohn genug muss es sein, die Erfahrung zu machen, wie es ist, aus dem Ausland zu berichten, das Gefühl zu genießen, in einen anderen Kulturkreis einzutauchen, und viele gute Storys mitzubekommen, die man dem geneigten Zuhörer in der Heimat erzählen kann. Auch wenn man fern von seinen Lieben ist, hält sich der Drang, das Feeling, das dieser Start der CPL World Tour auslöst, nach Deutschland zu vermitteln, auch um klar zu machen, dass hier Geschichte geschrieben wird.

So werde ich versuchen, möglichst viele Eindrücke in kürzeren Intervallen nach Deutschland zu funken, in der Hoffnung, dass die Botschaft ankommt. Ob und wieweit das möglich sein wird, steht zum momentanen Zeitpunkt noch in den Sternen, schließlich weile ich gerade erst seit kurzer Zeit im SAS Radisson Airport Hotel in Istanbul. Die Litanei des Leidens, die ich an den Anfang gestellt habe, sollte eigentlich nur als Überleitung dienen. Ich wollte eigentlich nur aussagen, dass ich nichtmal in der Zeit vor dem Abflug meine Ruhe hatte.

Kaum war ich am richtigen Gate für meinen Turkish Airlines Flug und hatte es mir ein wenig bequem gemacht, setzten sich drei laute, junge Männer neben mich. Da sie im Vergleich zur CPL Winter noch ziemlich genauso aussahen, ganz im Gegensatz zu mir, blieb es mir überlassen festzustellen, dass ich der rushed|affentod bin und sie die drei wichtigsten PK Spieler von Team Dignitas. Der Geheimtipp reptile, der CPL Doom 3 Zweitplatzierte dragon und der Coveragebeauftragte canna gesellten sich zu mir. Gewohnt lässig resümierten sie ein wenig von ihrem Bootcamp mit Fatal1ty, fanden Lob für die Kochkünste von DrDooms Mutter und begannen damit den ungeschlagenen Vo0 kleinzureden. Nebenbei lasen sie die heutige Rheinpfalz, die in der Regionalausgabe Speyer einen halbseitigen Artikel über die deutsch-amerikanische Freundschaft im Bootcamp und ein Interview mit Fatal1ty bot.

Canna und dragon, die bei der letzten CPL noch in Doom 3 antraten, gaben sich betont pessimistisch, während reptile mit einer gehörigen Portion Selbstbewusstsein nach Istanbul gereist ist. Understatement: Fehlanzeige. Die Jungs waren durchaus realistisch mit ihrer Selbseinschätzung, ganz anders als die deutschen SK-Jungs, die sich wenig später für den gleichen Flug meldeten. Niemand hat mehr die Ruhe weg als diese drei. neok tut als ob er sich beim Überstehen der ersten Runde freuen würde, SteLam gibt den betont coolen Reiseleiter und CPL-Winter-Zweiter zyz lenkt mit feinster Ironie von jeder Frage zu seiner Vorbereitung ab. Da die drei mit gellehsak und Vo0 trainiert haben, dürfte die Überlegung aus der Einleitung zu dieser CPL greifen. Es wird ein Kampf der Bootcamps, mit dem Unterschied, dass das fnatic/SK.de Bootcamp ungleich stärker besetzt war als das Bootcamp in Speyer, bei dem 50% der Spieler auf ein Überstehen der ersten Runde hoffen müssen.

Der Unterschied im Selbstanspruch wird jederzeit gewahr. Während die Dignitas Jungs voller Bewunderung von Fatal1ty schwärmen, wird Vo0s Teamkollege gellehsak von SK kleingeredet. Auch der Holländer scheint nicht unschlagbar, zyz nennt eine Siegquote von 45%, wobei er allerdings weniger als 10 Matches gegen den niederländischen Superstar gespielt hat ("Bei mehr als 5 Matches pro Tag tut mir alles weh" .

Auch wenn man sich im Flugzeug nicht unterhalten hat, ist eine erste Begegnung mit den Deutschen sicher von Vorteil. Nicht nur, dass man Kontakt für Interviews, Statements und Fotos knüpft, es ist auch sehr hilfreich zu sehen, wie sich die Spieler selbst und untereinander einschätzen. Leute, die mit Vo0 oder Fatal1ty trainiert haben, sind in jedem Fall interessante Gesprächspartner. Vor allem im Matchup gegen letzteren wurden wohl manchem die Grenzen aufgezeigt, so dass gerade bei Dignitas schon gewitzelt wurde, wer als erster die Badeschlappen auspackt und sich nur noch um Coverage für team-dignitas.com bemühen muss/darf/soll. Canna schien allen als idealer Kandidat, schließlich hatte er schon bei der Winter CPL in Dallas nach Runde 1 viel Zeit zum Fotos schießen und Wodka trinken. Da SK ebenfalls keinen Redakteur in die Türkei entsandte, wurde dort neok als Coverageleiter gehandelt. In jedem Fall werden die Spieler nach dem Ausscheiden in erster Linie damit beschäftigt sein, ihren Kollegen zum Sieg zu verhelfen, zum Uppen von Fotos geschweige denn zum Niederschreiben von Gedanken wird da wenig Zeit bleiben, so dass wir wohl die einzige Seite sein werden, die euch schriftlich einen Eindruck vom Geschehen vermitteln wird. Das mag auch daran liegen, dass kein belesener Redakteur wirklich den Flug nach Istanbul antreten wollte, schließlich ist Turkish Airlines die unsicherste Airline Europas, wenn man dem von allen PK Spielern intensiv durchgesehenen Fachmagazin Maxim glauben schenken darf.

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